Veranstaltungsdokumentation
Netzwerktagung "Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken"
Sichtbar und aktiv in Kommunen, Organisationen und Sozialer Arbeit
am 28./29.10.24 in Dresden
Demokratien stehen unter Druck. Angriffe auf die politisch aktive Zivilgesellschaft und auf demokratische Institutionen nehmen zu. Extreme Rechte und rechtspopulistische Akteur*innen verbreiten menschenfeindliche, antifeministische und antidemokratische Erzählungen und verschieben den gesellschaftspolitischen Diskurs nach rechts. Die bereits gelaufene Europawahl und Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene haben gezeigt wie weit dieser Prozess der Erosion demokratischer Werte und Haltungen schon vorangeschritten ist.
Vor Ort engagieren sich viele Personen und Gruppen für Demokratie und Gleichberechtigung und gegen antifeministische und antidemokratische Entwicklungen. In großen und kleinen Projekten, in Kommunalparlamenten, Schulen, Bildungseinrichtungen oder Sozialer Arbeit versuchen sie die Errungenschaften demokratischer Arbeit zu verteidigen. Die Netzwerktagung „Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken“ hat dieses Engagement sichtbar gemacht und zur Vernetzung und Stärkung der Akteur*innen beigetragen.
Die Netzwerktagung bot Raum voneinander zu lernen, eigene Expertise einzubringen, Erfahrungen auszutauschen und solidarische Bündnisse zu schließen. Sie brachte sachsen- und bundesweit Menschen aus unterschiedlichen Handlungsfeldern zusammen, die das Programm aktiv mitgestalteten.
I. Begrüßung und Einführung
Grußworte von Katja Meier, Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung Sachsen
II. Antifeminismus - aktuelle Konflikte und Herausforderungen
Impulsvortrag mit Charlotte Höcker und Johanna Niendorf vom Else-Frenkel-Brunswik-Institut (EFBI)
Nach einer kurzen begrifflichen Einordnung werden wir anhand empirischer Ergebnisse einen Blick auf die aktuelle Entwicklung antifeministischer Einstellungen werfen. Wir beleuchten, wie AfD und andere Akteure der extremen Rechten Antifeminismus für ihre politische Mobilisierung nutzen können und welche Rolle Transfeindlichkeit dabei spielt. Als Brückenideologie ist Antifeminismus jedoch weit über rechte Kreise verbreitet. Deswegen stellt sich die drängender werdende Frage: Wie finden gegenwärtige gesellschaftliche Konflikte in antifeministischen Ressentiments ihren Ausdruck und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die kommunale Arbeit, die lokale demokratische Zivilgesellschaft und politische Bildungsarbeit?
III. Wissen updaten – Was ist Antifeminismus?
3. „Whose body, whose choice" - Wie können männliche Personen reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung unterstützen
Vortrag mit Jörg (Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen)
Merkmale der "Lebensschutz"-Bewegung sind, neben Bestimmen-wollen über gebärfähige Körper, eine rigide Sexualmoral und Ablehnung von Verhütung. Nicht thematisiert wird, dass es für Schwangerschaften auch spermienproduzierende Körper braucht. Wie können männliche Personen Verantwortung übernehmen und Schwangerschaft und Verhütung auch zu ihren Themen machen?
4. Buchpräsentation und Lesung: „Rechtspopulismus und Homosexualität. Eine Ethnografie der Feindschaft“
Buchpräsentation und Lesung mit Dr. Patrick Wielowiejski
Homosexuelle werden zunehmend ins populistische „Wir“ der äußersten Rechten integriert. Der Kulturanthropologe Patrick Wielowiejski hat eine Gruppe schwuler Mitglieder der „Alternative für Deutschland“ (AfD) zwei Jahre lang begleitet. Ausgehend von ihren Narrativen und Praktiken analysiert er in seiner „Ethnografie der Feindschaft“ das politische Imaginäre der gegenwärtigen Rechten.
IV. Erfahrungen teilen: Antifeminismus konkret
1. Praxisaustausch - Männlichkeit und Radikalisierung
Austausch mit LKS Bayern gegen Rechtsextremismus
Die extreme Rechte nutzt spezifische Männlichkeitsbilder um junge Menschen anzusprechen. Welche Rolle spielen diese Männlichkeitsbilder bei Radikalisierungsprozessen? Welchen Einfluss haben Männlichkeitsinfluencer, die Manosphere oder Gaming-Szene auf die politische Einstellung junger Menschen? Der Workshop bietet Raum für einen Praxisaustausch zu diesen Fragen und möglichen Gegenstrategien.
2. Nächstenliebe & Lebenshilfe oder moralpolitische Beeinflussung?" Wie religiös-fundamentalistische Bewegungen vorgehen
Workshop mit Ruby Rebelde und Matthias Pöhl (FundiWatch)
Wie recherchieren wir zu religiös-fundamentalistischen Akteurskonstellationen? Nach zwei Kurz-Inputs zu Perspektiven & Motivationen geht es um folgendes: Welche Akteurskonstellationen mit welchen Themen kommen vor und wie lassen sich Informationen zusammentragen und teilen? Wie lassen sich Aufklärung und Gegenstrategien organisieren und welche Möglichkeiten der Unterstützung gibt es?
Präsentationsfolien (pdf)3. Mehr als ein Generationenkonflikt. Wenn Feministinnen antifeministische Narrative nutzen.
Austauschraum mit Susanne Weise
„Gender-Ideologie“, „Frühsexualisierung“ und „Umerziehung“ (u.a.) stehen im Zentrum antifeministischer Narrative. Mit einem queerfeministischen und intersektionalen Verständnis von Feminismus ist klar: Akteur*innen, die diese Begriffe einsetzen, agieren antifeministisch. Was aber, wenn sie selbst Feministinnen sind? Wo endet der produktive Generationenkonflikt und was dann?
Präsentationsfolien und Dokumentation (pdf) – nur auf Anfrage an Teilnehmende (Mail an antifeminismus@boell.de)4. Antifeminismus von rechts – warum gefährden rechte Überzeugungen ein gewaltfreies Leben für alle?
Vortrag mit Nicole Maziarka und Lisa Rechenberg (beide sie/ihr, Referentinnen der Fachstelle Häusliche Gewalt der LAG Gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V.)
Ziel des Vortrags ist es, die Verwobenheit von rechten Ideologien und Antifeminismus darzustellen. Die Referentinnen der Fachstelle Häusliche Gewalt zeigen an Praxisbeispielen auf, wie diese schon jetzt konkret den Gewaltschutz im Handlungsfeld Häusliche Gewalt erschweren. Im Zuge der steigenden rechten Einflussnahme wollen sie verdeutlichen: Es braucht die Verstetigung bestehender und den Ausbau neuer Projekt-übergreifender Strategien und Bündnisse, die gemeinsam gegen Antifeminismus und sog. "Rechtsruck" einstehen.
Präsentationsfolien (pdf)Dienstag, 29.10.24
VII. Feminismus gegen Gendergaga-Gerede
Vortrag mit Ilse Lenz, Prof. em. für Geschlechterforschung/Soziale Ungleichheit, Ruhr-Universität Bochum
Feminismen bringen Kritik an herrschenden Gendernormen und der Gesellschaft. Sie behaupten und erfinden neue Ideen für eine demokratische und gleiche Zukunft. Antifeminist*innen vertreten ihr eigenes Gendergaga einer ungleichen Welt. Was sagen Feminismen demgegenüber zu Sexualität, Körpern und Kinderkriegen, zu Klasse und Migration, zu Männern und zur Demokratie?
VIII. Gemeinsam sind wir stärker – Strategien gegen Antifeminismus
1. „Aber sag was verdammt!“ Stimmen junger Menschen für Vielfalt und Demokratie
Workshop mit Vivian Sper und Dr.in Claudia Wallner (Projekt meinTestgelände)
Antifeministische ‚Sorgen‘ um die Jugend bezwecken ein Erstarken traditioneller Geschlechterbilder und schränken Jugendliche in ihren Lebens-, Liebens- und Zukunftsentwürfen ein. Im Gender-Magazin meinTestgelände werden Jugendliche laut: Im Workshop sprechen wir über den partizipativen und empowernden Ansatz des Projekts und loten Möglichkeiten der Demokratiebildung mittels Intervention und Prävention aus.
Präsentationsfolien (pdf)
2. Frauen* für Frauen* - gemeinsam Gegenwind gestalten
Austauschraum mit Simone Glöckler & Romina Stawowy
Die AfD und ihre Politik sind bekannt, dennoch wird sie gewählt – auch von Frauen. Rechtspopulistische Parteien gefährden die Gleichberechtigung und schränken massiv unsere Teilhabe in Wirtschaft und Politik ein. Antifeminismus wird (wieder) salonfähig. Lasst uns vernetzen, sprechen und unsere Kräfte bündeln, um dem entgegenzuwirken.
3. Antifeminismus im Netz begegnen
Workshop mit Dorothea Weiß und Henriette Schwinn (beide sie/ihr, CEOPS (AVP e.V))
In diesem Workshop widmen wir uns Methoden zum Umgang mit antifeministischen Inhalten im Netz. Gemeinsam entwickeln wir alternative Narrative und lernen, feministische Memes und weitere Arten von Content einfach zu erstellen, um mit Hilfe von Methoden des Online-Streetworkings gegen Antifeminismus
vorzugehen. Ziel ist es, den Teilnehmenden Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich online selbstbewusst positionieren zu können und antifeministischen Meinungen entgegenzuwirken. Dazu schauen wir uns einige Best-Practice-Beispiele an, besprechen mögliche und tatsächliche Herausforderungen und werden auch selbst aktiv. Es werden Methoden vermittelt, wie und wann diese am besten eingesetzt werden können, sowie Strategien, um die erstellten Inhalte effektiv nach außen zu tragen und zu kommunizieren.
Präsentationsfolien (pdf)
Eine Veranstaltung des Projekts „Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken“. Lokale Zusammenarbeit mit Weiterdenken, Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen.
Kontakt
- Henning von Bargen, Sandra Ho, Tini Leonhardt: Gunda-Werner-Institut, antifeminismus@boell.de
- Ans Hartmann: Amadeu Antonio Stiftung, antifeminismus@amadeu-antonio-stiftung.de
- Laura Sasse, Maiken Schiele: Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V., anbeg@dissens.de
- Kathrin Bastet: Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, info@weiterdenken.de